(Das Zeitlimit für diese Aufgabe ist 1 Minute)
Mit Schlauch A braucht man 60 Minuten, um einen großen Tank mit Benzin zu füllen. Mit Schlauch B kann man den Tank schon in 40 Minuten anfüllen. Wie lange braucht man, wenn man beide Schläuche gleichzeitig verwendet?
Schlauch A füllt den Tank mit einer Geschwindigkeit von 1 Tank pro 60 Minuten = 1/60 Tank pro Minute.
Schlauch B füllt den Tank mit einer Geschwindigkeit von 1/40 Tank pro Minute.
Addiert man die beiden Füllgeschwindigkeiten, erhält man:
(1/60) + (1/40) = 5/120 = 1/24
Die Tankfüllgeschwindigkeit beider Schläuche zusammen ist also 1/24 Tank pro Minute.
Nach 24 Minuten ist der Tank gefüllt, wenn Benzin aus beiden Schläuchen zufließt.
Für einen Tank: Schlauch A braucht 1 Stunde, Schlauch B braucht 2/3 Stunden.
In einer Stunde daher: Schlauch A füllt 1 Tank, Schlauch B füllt 3/2 Tanks, zusammen also 5/2 Tanks.
Daher füllen beide Schläuche den Tank in 2/5 Stunden, das sind 24 Minuten.
Ich halte das für ein sehr schönes, anspruchsvolles Beispiel, und die praktische Anwendung ist nicht allzu weit hergeholt, schließlich verursacht ein übergehender Benzintank eine ziemliche Sauerei. Erstaunlich, dass gerade dieses Beispiel das kürzeste Zeitlimit vorsieht (Quelle für das Zeitlimit: japanese-online.com). Es ist unwahrscheinlich, dass ein 12 jähriges Kind, japanisch oder nicht, diese Aufgabe in einer Minute lösen kann, wenn es nicht vorher genau für diesen Aufgabentyp trainiert wurde.
Für die erste Lösung muss man erkennen, dass man die Füllgeschwindigkeiten addieren muss. Das angegebene Zeitlimit setzt dieses Wissen sozusagen voraus. Danach wird die Aufgabe zu einer einfachen Bruchrechnung, die auch ein 12 jähriges Schulkind im angegebenen Zeitlimit durchführen kann. Die zweite Lösung ist etwas einfacher, da sie mit einfacheren Zahlen arbeitet und kein explizites Vorwissen über Füllgeschwindigkeiten benötigt
Ich glaube, der größte Fehler, den man als Lehrer machen kann, wäre es, ein solches Problem zuerst vorzurechnen, und dann 50 gleichartige Tankfüllprobleme mit anderen Zahlen zu trainieren. Dann ist der ganze Effekt des Problemlösens und des damit eventuell verbundenen Erfolgserlebnisses dahin. Es wäre wichtig, den Kindern lange Zeit zu geben, um das Problem zu diskutieren und eventuell selbst auf die Lösung zu kommen. Wie soll man sonst erfahren, was in einem vorgeht, während man die Lösung für ein neuartiges, bis dahin unbekanntes Problem sucht und schließlich findet? Eine halbe Stunde scheint da eher realistisch als eine Minute.
Natürlich spricht nichts dagegen, diesen Aufgabentyp weiter zu üben, wenn man wenigstens beim ersten Mal die Chance gehabt hat, auf die Lösungsmethode selbst draufzukommen. Hier ist ein ähnliches Beispiel. Die Formulierung ist gerade soweit anders, dass man die Methode aus dem obigen Beispiel nicht ganz stur abkupfern kann.
(Kein Zeitlimit, denn das Lösen soll ja auch Spaß machen)
Um ein Schwimmbecken anzufüllen, braucht man mit der vorhandenen Wasserleitung 15 Tage. Nun hat der Betreiber des Schwimmbads eine zweite Wasserleitung legen lassen, die in gleicher Zeit um die Hälfte mehr Wasser liefert, als die erste Leitung. In wievielen Tagen füllt sich das Becken, wenn man beide Wasserleitungen aufdreht?
Leitung 1: 1/15 Becken pro Tag
Leitung 2: 1/15+1/30 Becken pro Tag = 1/10 Becken pro Tag
Leitung 1 + Leitung 2:
1/15 + 1/10 Becken pro Tag = 2/30 + 3/30 Becken pro Tag = 5/30 Becken pro Tag = 1/6 Becken pro Tag.
Man braucht sechs Tage, um das Becken mit zwei Leitungen zu füllen.
Wenn man diesen Beispieltyp gut verstanden hat, eröffnet das den Zugang zu einer Menge von durchaus wichtigen Problemen. Wir erkennen mühelos die Ähnlichkeit der folgenden Aufgabe mit dem Tankfüllproblem.
Wenn man an eine Stromleitung eine Spannung anlegt, fließt Strom und es braucht T1 Sekunden bis die Ladungsmenge Q durchgeflossen ist. Eine andere Stromleitung transportiert bei derselben Spannung die Ladungsmenge Q in T2 Sekunden. In welcher Zeit kann die Ladung Q transportiert werden, wenn beide Stromleitungen parallelgeschaltet sind?
Auch dieses Problem lösen wir, indem wir zunächst für jede Leitung die Ladungsmenge pro Zeiteinheit berechnen. In der Elektrizitätslehre nennt man das die Stromstärke.
Die Stromstärke durch Leitung 1 ist I1 = Q/T1.
Die Stromstärke durch Leitung 2 ist I2 = Q/T2.
Die gesamte Strom, der durch die beide nebeneinanderliegenden Leitungen fließt, hat die Stärke
Iges = I1 + I2 = Q/T1 + Q/T2
und natürlich berechnen wir Tges aus der gesamten Stromstärke
Iges = Q/Tges
und aus dem Vergleich dieser beiden Ausdrücke für Iges erhalten wir
1/Tges = 1/T1 + 1/T2
Tges = (T1 T2)/(T1 + T2).
Beziehung zum Ohmschen Gesetz: Die Menge der durch eine Leitung transportierten Ladung ist umgekehrt proportional zum elektrischen Widerstand R dieser Leitung. Nach dem Ohmschen Gesetz ist
Stromstärke I = Spannung U / Widerstand R, also
I = U/R.
Vergleicht man das mit der Definition für die Stromstärke als transportierte Ladungsmenge pro Zeit,
I = Q/T
erhält man
U/R = Q/T oder T = RQ/U
Damit können wir die Beziehung zwischen Tges, T1 und T2 in die entsprechende Beziehung zwischen den Widerständen übersetzen:
1/Rges = 1/R1 + 1/R2
oder
Rges = (R1 R2)/(R1 + R2)
Das ist das aus den Physikbüchern bekannte Resultat.
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